In der Kriminalistik werden seit etwa 100 Jahren Tatortspuren wie Fluoreszenzen von Körperflüssigkeiten durch Beleuchtung mit kurzwelligem Licht sichtbar gemacht. Das Vorhandensein organischer Verbindungen wie z.B. Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen, Teer oder Heizölkohlenwasserstoffe können mit speziellen Tatortlampen unter Nutzung bestimmter Filter oftmals sichtbar gemacht und bildtechnisch dokumentiert werden. Auch die im Bauwesen heute verbreiteten Stoffe enthalten Beimengungen, die bei Untersuchung mit Tatortlampen, Filterbrillen und Forensikkameras aufschlussreiche Bilder zeichnen.

Der Begriff der Bauforensik wurde durch Herrn Professor Dr. Andreas O. Rapp geprägt, der seit 2013 an der Leibniz Universität Hannover zum Thema Bauforensik forscht. Prof. Rapp untersucht seitdem systematisch Materialien im Bauwesen hinsichtlich ihrer Fluoreszenz sowie ihres Absorptionsverhaltens im nahen ultravioletten und nahen infraroten Wellenlängenbereich mittels unterschiedlicher Lichtquellen, Filtern und Kameras.

Bauforensik beschreibt die Möglichkeit Sachverhalte, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, durch den Einsatz von spezieller Technik (u.a. mit sogenannten Tatortleuchten) sichtbar zu machen. Hierbei macht man sich u. a. die Fluoreszenz von Baustoffen zu Nutze.Materialwechsel, Materialunterschiede und Leckagefolgen, die mit dem menschlichen Auge nicht sichtbar sind, können sichtbar gemacht werden. Bei bauforensischen Untersuchungen kommen spezielle Fotografiertechniken wie:

  • Fluoreszenzfotografie
  • Reflexionsfotografie
  • Absorbtionsfotografie

zum Einsatz.

Schon Rapps erste Ergebnisse waren überraschend: In fast allen Fällen, die im Rahmen der Tätigkeit als ö.b.u.v. Sachverständiger untersucht wurden, offenbarten die Forensikbilder wichtige Informationen, die bei Tageslicht nicht erkennbar waren und die Aufklärung der Bauschäden erlaubten.

Ein Beispiel zeigen die Aufnahmen, die im Rahmen einer Intensivschulung zum Thema Bauforensik, im März diesen Jahres in Hannover entstanden.

Abb. 1

Abbildung 1 zeigt Proben verschiedener Materialien im normalen sichtbaren Spektrum. Die doch unterschiedlichen Materialien sehen für das menschliche Auge mehr oder weniger gleich aus.

Abb. 2

Die Abbildung 2 zeigt die gleichen Materialien, aufgenommen mit einer forensischen Kamera und speziellem Filter. Hier zeigen sich nun doch deutlichen Unterschiede in der Darstellung. Eine Zuordnung von Material und damit auch Verarbeiter ist nun eindeutig möglich! So lässt sich zum Beispiel feststellen, wer die Verunreinigungen verursacht hat.

Abb. 3

Interessant wird es auch bei Erkundungen im Bestand. Die nachstehende Abbildung Abb. 3 zeigt einen überstrichenen Wasserschaden. Mit bloßem Auge nicht sichtbar zeigt die forensische Aufnahme das „Unsichtbare“! Auch nach mehrmaligen Überstreichen mit Wandfarbe sind die Wasserränder noch deutlich sichtbar!

Abb. 4 – normal sichtbares Spektrum, keine sichtbaren Spuren

Die Abbildungen 4 und 5 zeigen eindrucksvoll die Möglichkeiten der forensischen Diagnostik.

Die Frage hier: gibt es Spuren der Einwirkung von flüssigem Wasser? Jede Einwirkung von flüssigem Wasser hinterlässt Spuren in Form von fluoreszierenden Rändern die i.d.R. nicht sichtbar sind. Mit Hilfe der Fluoreszenzbildanalyse werden diese Ränder sichtbar gemacht.

Abb. 5

Fluoreszensbild zu Abbildung 4, sichtbare Ablaufspuren

Abb. 6

Gibt es Teer und Brandrückstände? Ist die Sanierung erfolgreich und fachgerecht?

Auch mehrfach überpinselter Ruß wird in Abb. 6 und 7 sichtbar mit UV-Fluoreszenzbildanalyse!

Abb. 7

Die Bauforensik ist eine noch junge Wissenschaft. Die Einsatzmöglichkeiten gewaltig und die Zukunft in der praktischen Erprobung vielversprechend. Möglich ist dies durch den Einsatz und die Vorleistung der Wissenschaftler um das Team von Prof. Dr. Rapp an der Leibnitz Universität Hannover.

Baupraktiker aus Industrie, Handwerk sowie Ingenieure und Sachverständige arbeiten bereits erfolgreich mit forensischen Methoden am Bau.

Quellen: Rapp 2019, Unger 2019, Fotos Unger